Eulengrat

 Von Solothurner Eulen und Meeren aus Wolken

Während des von Nebel und Wolken geprägten Novembers in Freiburg ist die Suche nach irgendetwas Betätigung mit Aussicht auf Sonne (alternativ auch Eis) immer aktiv. Am Freitag fahre ich also mit Marit ins Solothurner Jura zum Eulengrat.Der befindet sich überhalb von Rüttenen, welches direkt an Solothurn anschließt. Ein wenig östlich vom Eulengrat befindet sich die Balmflue, die insbesondere mit ihrem 450m langen Südgrat Bekanntheit erlangt.
Blick auf den Eulengrat im Profil, ein paar letzte Nebelschwaden am Nachmittag.

Bereits auf der Fahrt wird nach dem Passieren des Belchentunnels und der Fahrt ins Oberland klar: die Wolkenbrühe hängt hier ziemlich fest. Bis zu unserem Ziel begleitet uns eine nicht ganz optimale bis sehr eingeschränkte Sicht. Wie feucht die Luft ist, stellt sich beim Zustieg heraus: nach nicht einmal zehn Minuten kann ich bereits meinen Bart auswringen. 

Die letzten Nebelschwaden machen langsam Platz für blauen Himmel.

Bald jedoch sehen wir schon ein Stück blauen Himmel durch die Schwaden: meine Ahnung bestätigt sich, wir werden in der Sonne klettern! So macht der Zustieg auch mehr Spaß.

Klar beschrifteter Zustieg!

Bald stehen wir am Einstieg, eine sonnenverwöhnte Kalkplatte lädt direkt ein, loszulegen. Mit Henkeln der feinsten Sorte gespickt klettert die erste Länge sich auch sehr schnell. Auch die zweite ist vom Charakter her ähnlich, diesmal allerdings auch etwas mehr Kante als Platten mit Henkeln. Die dritte Länge führt der einfachen Rinne entlang, allerdings in deren Wand, vermutlich um die darunterliegenden Stände und Stellen nicht mit dem darinliegenden Schotter zu bewerfen.

Nach zwei Metern im Schatten ist Sonne angesagt!


Ambiente: passt! Seillänge 1 über dem Wolkenmeer, im Hintergrund die hohen Gipfel des Kantons Bern,

Am Top von Seillänge 2.
Als vierte Länge wählen wir eine der etwas schwereren Längen, die aber direkt vom Stand hinaufziehen und wir nicht noch etwas im Gehgelände queren müssen. Löst sich schön auf und wird 5a/b sein. Welche Variante ich genau geklettert bin, weiß ich nicht. Nach dieser Seillänge müssen wir aber nun doch eine kleine Gehpartie einlegen, zuerst einen Hang zu einer Leiter absteigen, dann eine Rinne queren. Da der Hang nicht wenig steil ist und mit Laub und Nadeln belegt ist, hänge ich ein Seil ein, damit Marit abseilen kann. Das reicht sogar über die Rinne, die auch etwas unangenehm mit viel Laub gefüllt ist. Hier befinden wir uns jetzt das erste Mal im Schatten, die Crux des Eulengrats wartet auf. Ziemlich glatt zieht ein Pfeiler nach oben, bald schon werden Tritte und Griffe rar. Mit kalten Fingern ist die Geschichte nicht ganz einfach, etwas Commitment darf aufgebracht werden. Aber die Stelle ist auch schnell vorüber und am Top grüßt wieder die Sonne.
Die Cruxlänge, im Schatten. Am rechten Bildrand die laubgefüllte Rinne.


Hier hat Marit die schwereren Züge bereits hinter sich.

Die nächste Länge ist eher Wandern mit Konsequenzen als Kletterei, ein Quergang auf einem großen wurzelbehafteten Band nach rechts unten. Hier zu stürzen wäre eine starke Leistung! Ein paar Haken in der Platte obendran sichern die Geschichte für die nachsteigende Person gut ab. Von hier führt eine schöne Platte wieder hinauf, schöne Sanduhren bieten Griffe und Sicherungsmöglichkeiten - direkt neben Bohrhaken. 

Am Stand irgendeiner Seillänge. @Directalpine sponsoring?

An eben jenem Stand

Auch die nächste Seillänge, der Löwenkopf bietet schöne Turnerei auf einen Pfeiler, an dem dann aber wieder Renngelände wartet. Das führt in eine Art Kessel, das eigentlich in der nächsten Länge nach links über ein Band verlassen werden würde. Direkt die Rinne rauf, in der ein Riss in einer Verschneidung wartet, wäre der Biwakriss. Mit 6a aber auch nicht ganz geschenkt, zumal Marit sowas bisher noch nicht geklettert ist. Also mal kurz besprechen, sind ja nur noch zwei Längen und ich könnte auch bei Bedarf irgendwas zur mechanischen Unterstützung bauen. Wenns für mich okay wäre, würde sie es versuchen. Also dann mal los. Mit den Zustiegsschuhen muss schon ein wenig bedachter geklettert werden, aber die Art der Kletterei hier ist sehr dankbar für meine nicht ganz so präzisen Schuhe. Besser machbar als die 5bSchneller als ich drin bin bin ich auch wieder raus. Weiter geht's an der Gratkante. Und dann bin ich plötzlich am Ausstieg, da hab ich wohl zwei Längen aneinandergereiht. Naja. Ich beziehe Stand und hole Marit nach, das Seil strafft sich kein einziges Mal wie bei einem Sturz und schon bald erscheint sie auch am Top. Ich hab zwar gut gezogen - die Stelle kam schließlich direkt über dem Stand und es gab entsprechend viel Seildehnung - aber Marit kam ohne Sturz oder Pause durch. Ihre erste 6a! 

Der Biwakriss, schöne Stemmerei! Dankbar für Zustiegsschuhe.


Die letzten Meter am Grat.

Hier am Ausstieg hat es eine schöne Terasse. In der Sonne gibt's Essen und Trinken, ehe wir den Abstieg antreten. Beziehungsweise nicht, denn der führt zuerst ca. 100hm hinauf auf den Rücken, dem dann nach Osten gefolgt wird und dann nach rechts abgezweigt wird. Laut SAC-Tourenportal sollte das Ganze 1:40 Stunde dauern, aber das ist äußerst pessimistisch berechnet, wir sind nach knapp 70 Minuten am Auto zurück. Inzwischen hat sich sogar der Nebel etwas von hier verzogen und wir genießen das Alpenpanorama noch ein wenig. 

Facts: Eulengrat
Länge: 200m auf 10 Seillängen
Erstbegehung: 
Schwierigkeiten: 5b, Varianten bis 6b
Absicherung: Stände mit Kette ausgerüstet, Kletterei durchgehend gebohrt. Ein paar Stellen sind etwas weiter, aber nirgends wild.
Material: 10 Exen, wer mag noch ein paar mittlere Cams.
Fazit: Schöne Kletterei, sehr lohnend im Herbst und Winter. Nicht so abgespeckt wie andernorts beschrieben. Landschaftlich fast eindrücklicher als der Südgrat an der Balmflue. 

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