Diskursverschiebung

 Die Zeit zum Unpolitischsein ist schon lange vorbei, daher gibt es mal wieder ein kleines Essay zur politischen Lage. #Meinung

Mit dem Wahlsieg der #NoAfD in Thüringen mit 32,8% und einem nur knapp hinter der CDU abgeschlagenen zweiten Platz mit einem Sitz weniger in Sachsen und den daraus folgenden schwierigen Koalitionsoptionen zeigen sich mehrere Sachen:

1. Diskursverschiebung

In Thüringen gibt es nur eine mögliche Koalition ohne die AfD, und die klingt allein so schon total skurril: CDU, BSW und Linke müssten sich für eine Mehrheit zusammenfinden. Wie das genau möglich sein soll, ist mir persönlich ordentlich schleierhaft. Was nun dazukommt: Die (CD)U beziehungsweise Einzelpersonen der Partei schließt bzw. schließen eine Koalition mit den Linken kategorisch aus. Fragt sich zuerst, wie das logisch zu verstehen ist, schließlich würde mit dem BSW mit noch radikaleren Links(-rechten?) zusammengearbeitet. Aber immerhin steht da nicht "links" drauf und es war mal nicht die SED? Es zeigt sich: Die Konservativen treten zum wiederholten Male in der Geschichte der Bundesrepublik als Steigbügelhalter des Faschismus auf. Was unverständlich ist: die Linken sind (wenn auch bei Weitem nicht unproblematisch) keine offiziell als Extremistische Partei einzustufen. Die #NoAfD hingegen schon, ihr Gesicht in Thüringen, Bernd Höcke, darf sogar öffentlich Faschist genannt werden, denn er ist ein lupenreiner. Wie kommt es also, dass plötzlich  Friedrich Merz behauptet, es hätte nie eine Brandmauer gegeben und Koalitionsgespräche mit der #NoAfD sind plötzlich nicht mehr ausgeschlossen?`
Die von Rechtsaußen gefahrene Taktik scheint aufzugehen, seit mindestens rund zehn Jahren wird Schritt für Schritt Agendasetting betrieben und ausgetestet, wie weit gegangen werden kann, was gesagt werden darf. Und nachdem absehbar war, dass die AfD mit den wenigen Themen, die sie bedient, Erfolg haben wird, ließen sich sogar Politiker des Bündnis 90/Die GrÜnEn auf die Asyl- und Migrationsdebatte ein. Was zur Folge hat: Der komplette Diskurs verschiebt sich weiter nach rechts, eine politische Mitte gibt es nicht mehr - sollte es sie denn je gegeben haben. 
Hierzu ein interessantes Interview: RND

2. Das offizielle Ende des Hufeisentheorems

Diese Diskursverschiebung führt dazu, dass in der Diskussion die althergebrachte und schon immer nicht zutreffende Hufeisenwahrnehmung der politischen Lager sich auflöst - allerdings nicht in die richtige Richtung. Ich behaupte nun dies sei die falsche Richtung, da eine der Hauptaussagen des Theorems war, Extremismus sei auf beiden Seiten gleichermaßen in ähnlichen Ausprägungen zu finden. Dass selbst die Ampel nun den Faschistinnen und Faschisten der extremistischen #NoAfD in Migrations- und Asylfragen nachplappert, zeigt (mit dem Theorem gesprochen): Die Verschiebung geht hart nach rechts. Was zur Folge hat, dass mit den Linken (die bei Weitem keine weiße Weste hat) nicht gearbeitet werden will, weil sie zu weit entfernt der anderen Lager steht. Dabei hat die Partei und auch die meisten ihrer Vertreter keinerlei demokratie- und rechtsstaat- sowie menschenrechtsgefährdende Ziele, im Gegensatz zur braun-blauen #NoAfD. Die Extremismusdefinition trifft auf sie schlichtweg nicht zu. Trotzdem steht die Partei - und mit ihr auch die gesamte politische Linke im Aus. Was braucht es nun?

3. Das politische Klima ist eine Sauna

In politischen Diskussionen im Netz spielen immer weniger Argumente eine Rolle, "argumentiert" wird häufig nur noch auf persönlicher Ebene: Angriff ist eben die beste Verteidigung. Leider ist selbst unter den links orientierten Menschen (es stößt mir böse auf, mich an diese Verschiebung anzupassen, indem ich Menschen, die eigentlich nur für Menschrechte und Demokratie sind, als links bezeichne) eine Diskussion miteinander fast unmöglich, denn viel Gegenfeuer kommt aus dem eigenen Lager. Wie soll so überhaupt eine starke Linke existieren, die es mit der nun statistisch bewiesenen Macht der neurechten Faschisten aufnehmen kann? Eine Antwort auf diese Frage kenne ich leider nicht, wie auf die anderen Fragen, die ich in diesem kurzen Essay aufgetan habe. Aber sie zu beantworten, war auch nicht mein Ziel. Was das Ziel war? In erster Linie meine Schwierigkeiten mit dem aktuellen Geschehen auszudrücken. Und vielleicht auch aufzuzeigen, dass wir etwas tun müssen, nur was genau das ist,  kann ich alleine nicht sagen. Dazu braucht es Input von allen Seiten. Denn nur so können wir die Sorgen und Probleme und Verhältnisse, die zum Erstarken der Rechten beitragen, beheben. Ob die Zeit dafür allerdings noch ist? Das wage ich zu bezweifeln...

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