Mixversuch bei Albigna

Oder: how to fail and bail

Bereits seit einiger Zeit haben Leon und ich ein paar Mixedrouten bei Albigna auf dem Schirm. Alle clean, recht möglich (so die Vorstellung) und interessante Kletterei. Tag drei unseres Trips führt uns also in ein ziemlich abgelegenes Eck der Schweiz, wo wir uns auf spannende Kletterei in unbekanntem und spektakulärem Ambiente freuen.Ein Parkplatz findet sich in Pranzaira leider nur direkt an der Straße, so klein ist das Dorf, das an der Straße unterhalb des Malojapass liegt. Etwas abschüssig stehen wir, aber schlafen lässt es sich dennoch ganz gut. 
Gepackt sind im Rucksack diesmal zwei Racks Cams, ein Satz Keile, 10 Eisschrauben, ein Satz Haken sowie natürlich Steigeisen und Eisgeräte. Arg viel schwerer kann der Rucksack nicht werden. Zum Glück geht es ohne Ski los, da es recht wenig Schnee hat, sonst müssten die Bergstiefel auch noch in den Rucksack! 
Der Zustieg offenbart bald ein wildes Eck der Schweiz: Unterhalb des Albignastausees befindet sich ein tief eingeschnittenes Tal mit steilen Wänden auf allen Seiten, viele davon mit mehr oder minder breiten Eislinien und -Glasuren. 

Ganz schön wild hier. Und wieder einmal setzt Leon Akzente.

Über ein Geröllfeld und ein altes Lawinenfeld geht es zu unserer Wand am Al Bazet, dem Vorbau zum Piz Bazet, der anscheinend 1300m höher liegt. Anscheinend, weil das eben zu weit und das Tal zu tief eingeschnitten ist, um ihn zu sehen. 
Schon am Einstieg sehen wir, dass es sehr wenig Eis hat und auch der Schnee einige Meter tiefer aufhört als auf den Fotos.
In Bildmitte die "Via Grobfuess", der vom linken Bildrand unten hochziehende Eisstreifen gehört zur "Un poco mondo". Geplant haben wir die erstgenannte Route.

Leon lässt sich nicht abhalten und steigt ein. Über eine Verschneidung zu einer Platte, die dann heikel traversiert werden muss. Ohne Hooks oder Griffe für Hände bzw. Geräte. Es dauert etwas, ehe eine Sicherung gefunden ist und die Courage aufgebracht ist, aber dann committet Leon und klettert weiter. Bevor er in der Rissverschneidung ist, die es eigentlich raufgeht, muss er aber noch weiter nach rechts traversieren. Ein anscheinend recht unsicherer Cam sichert den weiteren Quergang ab, ehe ein leider eisfreier Aufschwung gemeistert werden will, ohne Absicherung und auch ohne wirkliche Trittoptionen. Leon überlegt und probiert und entscheidet sich dann für Rückzug. Unter den Bedingungen, wie sie bei der Erstbegehung herrschten, sollten die ersten 35m maximal M4 darstellen, Leon hatte eventuell gerade mal den ersten Meter der Route erreicht, der sonst mit mehr Eis recht einfach vonstatten gehen könnte. "Vermutlich so heikel M5, eher M6" die Einschätzung seinerseits. Von unten kann ich zwar nicht viel sagen, aber einfacher war das sicher nicht. 

Der erste Meter in einer Verschneidung, die doch schwierig ist als sie ausschaut.

Deutlich erkennbar der Rechtsquergang. Auf dem Bild des Topos wäre der Start der Route keine zwei Meter unterhalb von Leon, hier hat er schon mehr als zehn Meter anspruchsvolle Kletterei hinter sich.

Den Rückzug ermöglicht eine sehr flache Abalakov in einem Eisschild, das es zum Glück am Umkehrpunkt gibt. Leon seilt ab, mit Hintersicherung von ganz links, wo ich ihn noch in der Sicherung habe. Die habe ich vor im Toprope rauszuholen und wieder abzuklettern, aber die Sache ist etwas heikel und so lassen wir einen Keil zurück. 
Wir packen zusammen und steigen wieder ab, wo wir uns vor das Auto setzen und Alternativpläne durchgehen. Die sehen allerdings recht mager aus, weswegen wir uns für die Heimreise entscheiden.

Facts: Mixedklettern am Al Bazet bei Albigna
Länge: 170 bis 250m
Schwierigkeiten: M5 in der "Via Grobfuess" bis M6+ in der "Un poco mondo" 
Absicherung: Komplett clean, in den Rucksack dürfen zwei Racks Cams, ein Satz Keile, eine Auswahl an Haken sowie Eisschrauben. 
Infos und Topo: https://govertical.ch/topos/mixedklettern-al-balzet-albigna/
Fazit: Die Wand sieht von unten sehr interessant aus, bei guten Bedingungen müssen wir hier unbedingt nochmal hinkommen! 

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