Zwei Tage Plaisir an Susten- und Grimselpass

Die Finger jucken, das Wetter will sich nicht entscheiden und irgendwie muss doch irgendwas gehen. Also für zwei Tage in zentralschweizer Gneis und Granit.
Den ersten Tag verbringen wir mit später Abfahrt um 8 bei ziemlichem Regen und einigem Rumgegurke bis zur schweizer Grenze. Ab da läuft's aber ganz gut. Auch das Wetter wird langsam, aber sicher besser. Am Sustenpass gibt's dann sogar Sonne mit nur wenig Wolken, und die hängen sich lieber im Süden an Sustenhorn, Bockbärgli und Co. fest. 

Der Giglistock mit seiner Wolkenfahne.

Trotz 500m Traillauf am Vorabend gehen die 50 Minuten Zustieg in 35min schnell vorbei und wir stehen am Einstieg des Pfriendler. Christoph war schon etliche Male hier und schlägt die einzige, im fehlende Route, vor: die Via Fritz 5b, als erste Linie in der Wand freu' auch ich mich auf klassische Kletterei.

Rundum pfeift es an beiden Tagen, die Murmeltiere lassen sich nicht selten auch blicken.

Die erste Seillänge wurde allerdings vermutlich etwas nach rechts in die Platten verlegt, ich schätze um die Sache homogener zu machen. Schön zu klettern fand' ich's definitiv nicht. 
Ab hier wird's allerdings abwechslungsreicher und auch besser. Richtig anspruchsvoll wird's bei 5b natürlich nicht, trotzdem sind schöne Kletterstellen drin. Von Kanten geht's über Verschneidungen und Risse und sogar ein kurzer Kamin wartet auf der Hälfte der Wand. Dort lässt uns die hamburger Frauenseilschaft voraus, und die zweite Hälfte der Route vergeht wie im Flug. 
Mit den vier Anderen an der Wand zusammen seilen wir fix über die Route ab. 

Am Parkplatz die kurze Diskussion, wo's am nächsten Morgen losgehen soll, ich hab Bock auf Gletscherschliff und auch Jan sieht sich nicht ganz abgeneigt davon. Also fällt der Entscheid aufs Sommerloch neben den Räterichsboden-Seeplatten (welche nach mehreren Felsstürzen in den letzten zwei Jahren besser ungeklettert bleiben, oben hängt einiges an abbruchbereitem und vermutlich auch -freudigen Felsmaterial). Kurzer Zustieg und etwas mehr als 200 Meter Kletterei versprechen ein zeitiges Ende des Tages. Die Wahl für Jan und mich fällt auf die Gela-Kombination, 6a A0 oder 6b (evtl. frei härter).

Am nächsten Morgen klingelt wie abgemacht mein Wecker um 7, kurze Zeit später bin ich draußen und ready. Allerdings schlafen die anderen 3/4 der Truppe noch. Wie sich später herausstellen soll, wurde die Aufstehzeit nach meinem Einschlafen um eine Stunde nach hinten verlegt, aber so habe ich Zeit, den Zustieg anzuschauen und noch etwas Yoga vor dem Bus zu machen.

Nach dem Frühstück geht's los gen "Wand". Begleitet vom ständigen Warnpfeifen der hier sehr reichlich vorkommenden Murmeltiere stehen wir bald am Einstieg. Der scheint bei uns aber noch gehörig nass zu sein, vor allem vor/an der Crux. Ich schaue mir die erste Seillänge an und mache am ersten Haken im klamm-feuchten Riss direkt einen Abgang, kurz ablassen und erneut ran, diesmal nur über die Platte links der Rissspur. Glatt aber gut machbar. Vor der Crux dann wird's wirklich nass und in der Crux hängend Schuhe trocknen geht nicht wirklich. Ich setze einen Versuch rein, schaffe es fast drüber, aber der zweite nasse Schuh hält nicht. Zwei weitere Versuche vergehen, bis ich mich schweren Herzens (aber im Wissen, dass andere, stärkere Freunde von mir hier auch genullt haben) fürs Exenziehen. 6a A0 kommt gut hin, 6b ist schon hart für die Stelle. Drüber kurz sortieren und aufpassen, dass die Füße nicht aus der feuchten Rissspur rutschen, und der erste Stand kommt schon.
Seillänge zwei (5c+) verlangt Jan ordentlich Plattenkönnen und Psyche ab, dauert aber auch nicht lang. Seillänge drei ist ein kurzes längeres Vergnügen, angeblich 4c, aber mehr als engagierteres Laufen ist's - wenn überhaupt - nur kurz. 
Jan darf weiter über Seillänge vier, eine schöne Verschneidung piazen und über - wie könnte es anders sein - Platten zum Stand, die Seillänge ist für 5b zu haben. 

Jan am Piazen in SL 4.

Meine Seillänge ist wieder recht simpel, Vertrauen in die Sohlen am Anfang, dann ein kurzer Aufschwung und nach links zum Stand an ehemaliger Militärstruktur. Auch wieder 5b. 
Die vorletzte Seillänge ist 6a oder mit Umgehung (wie auch immer) 5b+. Sehr erzwungen geht's über eine Platte, die recht steil und ohne (für mich greifbare) Griffe aufwartet. Über die Kante links kurz Druck auf die Füße bringen und über die Platte dünkt mich einfacher als 6a, direkt drüber schwieriger als 6b und obenrum einfacher als 6a. Wie gesagt, etwas erzwungen. 

Blick über die Platten nach unten zum Murmeltierparadies am Wandfuß.

Die letzte Seillänge startet mit einer Reibungscrux und führt über die dann strukturiertere Platte nach oben über eine Kante zum Top, mit einem Zug 6a kommt mensch hier gut durch. Schönes Ende! 
Entspannt seilen wir ab und warten unten auf die anderen Zwei, was bei einer Kletterethik-Diskussion auch rasch geht. 

Um kurz nach 19 Uhr zurück in Freiburg bei kälterem Wetter als am Pass, die zwei Tage gut genutzt, falle ich bald ins Bett. 

Susten Pfriendler - "Via Fritz"
Schwierigkeit: 5b
Länge: ca. 220m
Erstbegehung: J&S 
Absicherung: gut gebohrt, 
Fazit: Wohl die erste Route der Wand, ich hätte mehr, klassischere Kletterei entlang von Rissen und Verschneidungen erwartet, die eventuell der Sanierung und damit der Homogenität der ROute zum Opfer fiel. Trotzdem recht nette Plaisirkletterei.

Grimsel Sommerloch - "Gela-Kombination"
Schwierigkeit: 6a A0 oder frei 6b(?)
Länge: ca. 200m
Erstbegehung: Marcel, Thomas und Konrad Suter 1994
Absicherung: gut gebohrt, manchmal aber weitere Abstände. Wer sich nicht auf Platten und/oder den in den Schwierigkeiten wohlfühlt, wird psychisch wohl gut gefordert.
Fazit: Schöne Kletterei auf Platten. Am Anfang Crux an Dach, häufig nass. Schöne Stellen, aber auch viel Plattenlaufen. Trotzdem nette Route.

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