Der Versuch einer Definition von "Intelligenz" anhand des Schachcomputers Deep Blue
Ich verfolge nun seit einigen Monaten ein klein wenig die internationale Schachszene.
Ein interessantes Detail an der Geschichte des Spiels ist, dass es zur großen Hilfe für die Weiterentwicklung künstlicher Intelligenz wurde.
Ein interessantes Detail an der Geschichte des Spiels ist, dass es zur großen Hilfe für die Weiterentwicklung künstlicher Intelligenz wurde.
Im Jahr 1997 gewann der Schachcomputer "Deep Blue" gegen den damals amtierenden Schachweltmeister Garry Kasparov in einem sechsründigen Match mit drei gewonnenen und einer verlorenen Runde. Mit diesem historischen Ergebnis zeigte sich, dass Computer effizient planen und vorgehen können und wie weit diese Fähigkeit unter Umständen entwickelt werden könnte.
Um den Wert dieser Entwicklung nachvollziehen zu können, möchte ich an dieser Stelle erst auf das Schachspiel mit seinen Regeln eingehen.
Schach wird bereits seit Jahrtausenden gespielt. Das theoretisch simple Design mit seinen 64 Feldern, aufgeteilt auf ein schwarz-weiß kariertes Feld mit den Maßen 8x8, auf denen zu Beginn sechs unterschiedliche Figurentypen und insgesamt je 16 Figuren pro einer der beiden Parteien aufgestellt sind, beherbergt jedoch erstaunlich viel.
Jede der unterschiedlichen Spielfiguren hat ein eigenes Bewegungsmuster (also vorgegebene Regeln), wie sie sich bewegen darf und wie sie andere Figuren schlagen darf.
Die einfachste Figur, der Bauer (engl. pawn) darf nur ein Feld nach vorn (oben) laufen, als ersten Zug darf er aber zwei Felder nach vorne ziehen. Schlagen darf der Bauer allerdings nur ein Feld diagonal nach vorn. Falls eine Spielfigur im Weg steht, ist der Bauer blockiert. Der Bauer ist die einzige Figur, die anders schlagen darf, als sie sich bewegen kann.
Die wichtigste Figur, der König (engl. king), darf ein Feld in jede Richtung ziehen und genauso schlagen. Allerdings darf er nicht auf ein Feld ziehen, auf welchem er geschlagen werden kann.
Die am vielfältigsten einzusetzende Figur ist die Dame (engl queen). Sie darf sowohl diagonal, als auch horizontal und vertikal ziehen, so viele Felder wie es ihr möglich ist. Sie darf nicht über andere Figuren springen.
Der Turm (engl. rook) darf ebenso so viele Felder wie möglich ziehen, allerdings nur vertikal und horizontal. Auch er darf keine Figur überspringen
Der Läufer (engl. bishop) hingegen darf diagonal ziehen, auch so viele Felder, wie ihm möglich sind. Auch er darf keine Figur überspringen.
Zuletzt der Springer (engl. knight). Er darf in einer L-Form ziehen, zwei Felder in eine und ein Feld in eine andere Richtung. Ob zuerst zwei Felder und dann eines gezogen werden, oder andersherum, ist egal. Er ist außerdem die einzige Figur, die über andere Spielfiguren springen darf.
Um die Position der einzelnen Figuren besser erfassen zu können, werden die Reihen des Schachbretts mit Zahlen bezeichnet (unten bei Weiß die 1, oben die 8) und die Spalten mit Buchstaben a bis h.
Die Aufstellung der Figuren zu Beginn ist recht simpel. Weiß bekommt die "untere" Seite (Zeilen 1 und 2), Schwarz die "obere" (Zeilen 8 und 7). Weiß hat seine Bauern auf Reihe 2 aufgestellt. Die beiden Türme stehen auf a1 und h1. Nach innen folgen die Springer auf b1 und g1, die Läufer auf c1 und f1 sowie König und Dame. Die Dame steht immer auf dem Feld ihrer eigenen Farbe, für Weiß also auf d1, während der König auf e1 steht.
Schwarz stellt seine Figuren genau spiegelverkehrt auf: die acht Bauern auf Reihe 7, die Türme auf a8 und h8, die Springer auf b8 und g8, Läufer auf c8 und f8 sowie die Dame auf d8 und der König auf e8.
Ziel der Partie ist es für jede der beiden Parteien (weiß oder schwarz, wobei weiß immer den ersten Zug macht), den Gegner Schachmatt zu setzen. Ein Schachmatt beschreibt eine Situation, in der der König direkt attackiert wird (Schach) und keinen Zug machen kann, um sich aus dem Schach zu befreien.
Nun wissen wir, wo die einzelnen Figuren am Anfang stehen, wie sich bewegen können, und was das Ziel des Spiels ist.
Schach und Mathematik
Aus der Startaufstellung hat Weiß für seinen ersten Zug die Auswahl aus 20 verschiedenen Zügen. Das mag nach wenig klingen, allerdings gibt es bereits 400 mögliche Positionen, für den zweiten Zug von Weiß. Nach dem zweiten Zug sind es dann 72 084 mögliche Positionen, nach dem dritten Zug über 9 000 000 Positionen und nach dem vierten Zug 288 Billionen.
Aus der massiven Anzahl an möglichen Zügen müssen die beiden Parteien für jeden Zug die beste Position finden. Aber was macht eigentlich einen guten Zug aus?
Schach und Ethik
Auf der Suche nach der Antwort auf diese Frage begeben wir uns ins Reich der Ethik. Was macht einen Schachzug zu einem guten Zug?
Um diese Frage beantworten zu können, sollten wir uns vor Augen führen, was wir bereits zu Beginn feststellten:
- es gibt gewisse Möglichkeiten für Züge (bzw. Regeln) jeder Figur
- es gibt ein klar definiertes Ziel, welches beide Parteien unter zuhilfenahme der möglichen Züge zu erreichen versuchen
Genauer betrachtet merken wir: das Schachspiel hat einen klar vorgegeben Rahmen, auch wenn dieser wie im Abschnitt zuvor erörtert, extrem groß ist. Trotzdem ist er insofern eingeschränkt, dass jede Figur sich nur auf eine bestimmte Art und Weise bewegen darf.
Aus diesen Faktoren lässt sich beschreiben, wenn ein Zug gut ist: Allgemein gesagt ist er dies, wenn er zum Erreichen des eigenen Ziels am hilfreichsten ist. Etwas exakter: Der Zug sollte zu einer vorteilhaften Position führen, aus der heraus Material von der gegnerischen Partei gewonnen werden kann, aus der ein Schachmatt erzwungen werden kann. Wenn unsere Position, in der wir uns befinden, zwangsläufig zu Materialverlust führen würde, dann wäre der Zug am besten, der den Materialverlust minimiert.
Wenn nun ein Computer berechnet, welcher Zug aus einer bestimmten Position der beste ist, hat er zwar äußerst viele Möglichkeiten zu berechnen. Und zwar nicht nur für seinen nächsten Zug, sondern er muss auch die möglichen Antwort-Züge der gegnerischen Partei mit in die Analyse einbeziehen. Solch eine Leistung benötigt einiges an Rechenleistung, es ist aber recht gut möglich.
Was lernen wir daraus?
Die Angst, dass irgendwann eine Künstliche Intelligenz die Weltherrschaft übernimmt, spielt in vielen Geschichten der letzten Jahrzehnte eine große Rolle. Aber wie wahrscheinlich ist sie?
Zumindest die Art der KI, die Schachcomputer wie Deep Blue und Co. betreibt, ist dazu wohl eher weniger imstande. Denn was zeichnet den Menschen aus? Wir sind zwar weitaus ineffizienter im Berechnen von Formeln oder im Analysieren, allerdings ist eine Entscheidung außerhalb eines Spiels wesentlich komplexer als innerhalb der doch sehr eingeschränkten Regeln des Schachs. Es gibt sehr viel mehr Handlungsoptionen, sehr viele Antwortmöglichkeiten von unterschiedlichsten Charakteren, die sich äußerst schlecht quantifizieren lassen. Und zuletzt ist nie ein Ziel so klar vorgegeben wie im Schach.
Quellen: https://www.chessjournal.com/how-many-possible-moves-are-there-in-chess/
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