Thomas Hobbes - Verfechter des Absolutismus?
Was ist der Mensch? Diese Frage treibt spätestens seit der Antike die schlauen Köpfe der Geistes- und Naturwissenschaften um. Mit der Politeia versuchte schon Platon im antiken Griechenland, den Menschen als Wesen mit dem Politischen zu verknüpfen. Denn eines stellte sich relativ schnell heraus: Der Mensch ist vor Allem ein soziales Wesen, das Gemeinschaft braucht und daher sucht oder bildet. Sei dies im Kleinen in der Familie, oder im größeren Stil in Dorfgemeinschaften und später in Städten und letztlich überstädtischen Verbindungen, die damals noch an die Herrschaftsverhältnissen gekoppelt waren. Heute kennen wir hauptsächlich Nationalstaaten wie unsere Bundesrepublik, die Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreich, den Kongo und viele andere. Aber weshalb tun sich Menschen in solch großen Strukturen zusammen, wenn die Organisation solch großer Gebiete und so großer Mengen an Menschen sehr aufwändig ist?
Thomas Hobbes zum Beispiel ging von einem Naturrecht auf Selbsterhaltung aus, welches
einem Individuum das Recht, sich zu verteidigen gibt. Daraus folgerte er eine Verpflichtung,
auch andere nicht zu verletzen. Allerdings vertrat Hobbes die Ansicht, es gebe einen
Naturzustand des Menschen, in dem er komplett für sein Recht einstehen konnte, ohne
Rücksicht auf andere Menschen zu nehmen. Hier ist besonders eine Stelle aus dem
Widmungsbrief seines Werkes De cive aus dem Jahr 1642 bekannt, in der er einen Vers aus der
Komödie Asinaria des römischen Dichters Plautus verkürzt zitiert: „Homo homini lupus est.“ –
Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. Hobbes argumentierte zwar noch, außerhalb des
Minimalkonsens über das Naturrecht müssten darüber hinaus gehende moralische Konflikte
durch einen absoluten Herrscher als übergeordnete Instanz entschieden werden.
Wenn wir nun den Kern der Hobbs’schen politischen Philosophie herannehmen, dann bleibt
uns vor Allem: Der Mensch organisiert sich in Staaten, um das Zusammenleben über das
Naturrecht hinaus zu regeln. Dies geschieht über einen Gesellschaftsvertrag aller Menschen
gegenüber den Souverän. In diesem Vertrag geben alle Menschen unwiderruflich ihr
Selbstbestimmung- und Selbstverteidigungsrecht an den Souverän ab, der sie im Gegenzug
dafür voreinander schützt und so für sie sorgt.
Hobbes‘ politische Philosophie ist im Kontext des englischen Bürgerkriegs zu verstehen, in dem
er auf der Seite der Royalisten stand, allerdings verteidigte er auch die Möglichkeit jeglichen
Souveräns – auch nichtmonarchischen – und räumt sogar die Möglichkeit eines souveränen
Parlaments ein. Dementsprechend legen wir ihm nichts in den Mund, wenn wir mit seiner
Argumentation fortfahren.
Um im nächsten Schritt weiter zu argumentieren, welchen Zweck ein Staat hat, haben wir zuerst
mit Hobbes erarbeitet, weshalb er wie zustande kommt.
Wie bereits erläutert, hat ein Staat den Zweck, für die unter ihm vereinten Menschen zu sorgen und sie vor einander zu schützen. Wie dieser Schutz konkret aussehen kann, kann unterschiedlich ausgelegt werden: ein Staat kann physische Gewalt klären, aber gleichzeitig zum Beispiel Missbrauch jeglicher Art – wirtschaftliche Ausbeutung, Gewalt gegen Frauen und Minderheiten und daraus entstehende Unterdrückung und Ausgrenzung, um ein paar zu nennen – komplett übersehen oder sogar reproduzieren. Hier könnten wir wieder zu einem kleinen Teil mit Hobbes arbeiten, denn der Widmungstext, aus dem das so bekannte Zitat stammt, beherbergte auch einen zweiten Teil:
„Es besteht kein Zweifel, dass beide Formeln wahr sind: der Mensch ist dem Menschen ein Gott und der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. Die erste, wenn wir die Bürger untereinander vergleichen, die zweite, wenn wir die Staaten untereinander vergleichen. Hier erreicht der Mensch durch Gerechtigkeit und Nächstenliebe, die Tugenden des Friedens sind, Gott ähnlich zu werden. Hier müssen selbst die guten Menschen wegen der Verderbtheit der Bösen, wenn sie sich schützen wollen, auf die kriegerischen Tugenden Kraft und List zurückgreifen, d. h. auf die Raubgier der Tiere.“
Wenn wir uns den ersten Teil ansehen, dann sehen wir, Hobbes führt für das Funktionieren einer Gesellschaft Gerechtigkeit, Nächstenliebe und Frieden an. Diese Tugenden an sich sind abstrakt, aber ihr Sinn kann politisch erfasst und auch umgesetzt werden. Am geschicktesten und umfassendsten können Gerechtigkeit, Nächstenliebe und Frieden beziehungsweise ähnliche Zustände durch Sozialpolitik erreicht werden. An keiner anderen Stelle lassen sich positive Einflüsse auf eine größtmögliche Menge an Leuten schaffen.
Im letzten Teil haben wir herausgearbeitet, dass nach Hobbes ein Staat stabil ist, insbesondere durch die in ihm herrschende Gerechtigkeit, Nächstenliebe und Frieden. Diese Ziele haben sich auch als Hauptziele der Sozialpolitik entpuppt. Im nächsten Schritt wollen wir sehen, inwiefern dies schon geschieht.
Bereits der Begriff Sozialpolitik lässt erahnen, dass es außer dieser Richtung noch weitere gibt. Wirtschaftspolitik könnte auch ein Teil von Sozialpolitik sein, betrifft aber häufig nur die führenden wirtschaftlichen Personen und Institutionen und nicht die Breite. Außenpolitik ist heutzutage das Hauptmittel, um Identitätspolitik zu betreiben und betrifft hauptsächlich Leute, die vielleicht in unser Land oder mit uns Handel treiben wollen, auch eine geringe Zahl. In den vergangenen Jahren wurde insbesondere Außenpolitik – Dauerthema Migration – und Wirtschaftspolitik betrieben. Dieser Kurs hatte und hat zur Folge, dass sich viele Leute nicht gehört und abgehängt fühlen. Aus der amtierenden Politik kommen häufig Begründungen wie „Investitionen in die Wirtschaft bringen uns alle voran“ oder „Terrorismus ist ein Einwanderungsproblem“. Ersteres wurde bereits zu genüge widerlegt: Trickle-Down-Economy funktioniert nicht mit wachsenden Gläsern an der Spitze, zweiteres Thema wurde schon im letzten Jahrhundert widerlegt: Der NSU und die RAF waren Kinder des eigenen Staates, wie viele andere Terrorzellen und extremistische Vereinigungen.
Wenn wir der Aussage zur Wirtschaft Glauben schenken wollen, dann fällt auf: Der Staat misst mit Doppelstandards. Ehemaliges Personal, welches Steuergelder in dreistelliger Millionenhöhe veruntreute, wird wohl wieder Minister, die neue Bundestagspräsidentin fiel in der Vergangenheit mit unüberlegten Lobbyaktionen für Nestlé auf, andere wichtige Personen haben neben ihren Mandaten noch Tätigkeiten in der Wirtschaft, die mal mehr mal weniger im Konflikt mit ihrem Amt stehen. Auf der anderen Seite erwartet der Staat von Nichtregierungsorganisationen (NGOs), nicht wirtschaftlich zu handeln. Um die Gemeinnützigkeit behalten zu können und damit Zugriff auf öffentliche Gelder zu bekommen, dürfen sie keinen Profit erwirtschaften. Da kann sich die Frage stellen: Sollte unser Staat nicht auch gemeinnützig sein und agieren? Irre Investitionen in die Wirtschaft, teilweise in nicht zukunftsgerichtete Projekte wie die Meyer-Werft (weltgrößter Produzent von Kreuzfahrtschiffen und Luxusyachten), zu deren Insolvenz Ende 2024 das Land Niedersachsen und der Bund für je eine Milliarde einstieg und zusammen rund 80% der Anteile übernahmen, sowie einseitige Investitionen machen deutlich: Die aktuelle Politik und ihre Ausrichtung hat mit Politik für die Menschen nicht viel zu tun. Es drängt sich der Gedanke auf, dass Reiche und Akteur*innen der Wirtschaft den Staat ausnutzen. Als Akteur in der Wirtschaft, dem Kapital untertan.
Thomas Hobbes wäre wohl empört, wenn er sehen könnte, wie die Strukturen des Staats ihrem Teil des Gesellschaftsvertrags nicht nachkommen, sondern in eine komplett andere Richtung agierten. Der Schaffung eines guten gesellschaftlichen Klimas dienen diese Aktionen zumindest nicht im Geringsten. Gerechtigkeit? Nächstenliebe? Frieden? Woke!
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